Der Luftfahrtverband IATA mag solche wie cancelled.ch aber gar nicht…

Am 6. Dezember 2017 konnte man im Tagesanzeiger (Link zum PDF-Artikel) folgendes lesen:

Luftfahrtverband wettert gegen Fluggastrechteportale
Der oberste Verantwortliche der Branche rückt Websites die Passagieren bei Verspätungen oder Ausfällen helfen in die Nähe von Internetbetrügern…
…Er bezeichnete die Portale bei einem Medienanlass von gestern in Genf wiederholt als Claim Farms (deutsch: Forderungsfarmen)

Wo genau der Betrug stattfinden soll, wurde aus dem Artikel nicht wirklich klar. Aus der Aussage des IATA-Chefs Alexandre de Juniac geht wohl eher hervor, dass dem Verband die Fluggastrechteverordnung ein Dorn im Auge ist, schliesslich geht es hierbei den Airlines um viel Geld.

De Juniac meinte, dass er nicht grundsätzlich gegen Entschädigungen für Passagiere sei, bezeichnete die Verordnung aber als schädlich, weil sie Standards ignoriere und, so Juniac, komplexe und disproportionale Strafen vorsehe. Deshalb sei es besser der Markt würde dies selbst regulieren.
Nicht ganz so kritisch bezüglich Markt-Regulierungen sieht es der IATA-Verband aber wenn es darum geht, eigene Interessen zu schützen. So wird etwa eine Regulierung der Flughafengebühren durchaus begrüsst, da diese die Kosten für die Airlines niedrig halten.

Wie aber arbeiten Portale wie cancelled.ch nun genau und haben sie, wie von de Juniac erwähnt, etwas mit Betrug zu tun?

Cancelled z.B. bündelt sozusagen Knowhow an einem Ort, in diesem Fall Fluggastrechte-Knowhow. Dieses Wissen wird von den Juristen, welche sich in der Fluggastrechte-Materie auskennen, für die Kunden zur Verfügung gestellt. Eigentlich ähnlich der Beauftragung eines Anwalts in einem Streitfall.

Warum aber braucht es die Unterstützung von Juristen? Schliesslich ist es ja eine Verordnung und es sollte daher jeder Passagier ganz einfach seinen Anspruch bei der jeweiligen Airline selbst einfordern können.

Leider ist dies aber oft genau nicht der Fall. Etliche Kunden von cancelled.ch haben dies vorderhand versucht und sind dabei bei den Airlines abgeblitzt. Die oftmals sehr befremdlichen Erklärungen, warum genau in diesem oder jenem Fall die Verordnung nicht gelten soll, überraschen die Experten von cancelled.ch immer wieder aufs Neue. Oft werden dubiose technische Probleme als „aussergewöhnliche Umstände“ deklariert, welche die Airline von ihrer Zahlungspflicht befreien sollen. Als „Kulanz“ wird dann ein kleiner Gutschein angeboten, in der Hoffnung, dass der Kunde sich damit zufrieden gibt.

Auch gibt es Airlines, bei denen es für die Kunden praktisch unmöglich ist, diese überhaupt zu erreichen. Entweder ist es sehr schwierig, die korrekte Anschrift auf deren Website zu finden oder aber die Airline meldet sich auf die Anfrage überhaupt nicht.

Wenn der Airline-Kunde so behandelt wird, ist es eigentlich kein Wunder, dass es die von Alexandre de Juniac so gehassten Portale wie cancelled.ch geben muss!

Was macht cancelled genau?

Auf der Website von cancelled.ch kann der Kunde via Online-Formular seinen Fall einreichen. Der Kunde erfährt nach dem Absenden sofort, ob dieser grundsätzlich angenommen werden kann. Das heisst, es wird überprüft welche Route der Flug genommen hat, wie viele Kilometer diese Strecke betrug und ob der Flug überhaupt von Gesetzes wegen anspruchsberechtigt ist.

Anschliessend wird der Fall von den Fluggastrechtsexperten noch genauer unter die Lupe genommen, und der Kunde erfährt in Kürze ob der Anspruch von cancelled vertreten werden kann.
Sollte dies der Fall sein, übernimmt cancelled nach einer Absprache mit dem Kunden die Einforderung bei der Airline. Oft gehen dann etliche Mails und Briefe zwischen der Airline und cancelled hin und her, bis es zu einem Erfolg kommt für den Kunden. Der Vorteil dieser Vorgehensweise ist jedoch, dass die Experten von cancelled die Tricks und Ausreden der Airlines sehr gut kennen und somit die Durchsetzung der Forderung viel wahrscheinlicher ist.

Die Kritik an den Portalen, welche sich für die Durchsetzung der Fluggastrechteverordnung einsetzen, hat also nicht wirklich Hand und Fuss. Vielleicht meinte Herr Juniac von IATA ja, dass er es lieber sehen würde, wenn sich jeder einzelne Kunde – um die Forderung durchzusetzen – einen Anwalt nehmen müsste, falls sich eine Airline verweigert oder auf Anfragen einfach nicht reagiert. Dies würde wahrscheinlich viele Airline-Kunden davon abhalten, weitere Schritte einzuleiten. Gut für die Airline, schlecht für den Kunden. Nicht gerade konsumentenfreundlich.

Wo aber bei den Dienstleistungen von Portalen wie cancelled.ch, wie IATA-Chef Alexandre de Juniac sagt, ein Betrug stattfinden soll, haben wir bis heute noch nicht herausgefunden…